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Bottleneck in der Donauschifffahrt

In der Binnenschifffahrt meint man allgemein mit Bottleneck eine Behinderung in der Wasserstraße, die einen wirtschaftlichen und/oder nautischen Erfolg erschwert.

REDAKTION: PETER BAUMGARTNER.

In der Binnenschifffahrt könnte man den Begriff Bottleneck aber auch bei politischen Amtsträgern annehmen, deren Verkehrspolitik vermuten lässt, dass die Krawatte ein Bottleneck für die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn darstellt. Früher, als man noch vermehrt sogenannte Selbstbinder verwendet hat, war es nicht so schlimm. Ihre Elastizität hat sich an den Sauerstoffbedarf im Gehirn angepasst. Liegt die Behinderung am Hals in der Verantwortung des Krawattenträgers, hilft also nur den Knopf zu lockern.

Der Donauausbau in Bayern und die Idee von der durchgängig befahrbaren Wasserstraße vom Rhein über den Main bis zur Donau geht- abgesehen von der Vorgeschichte beginnend mit dem Jahr 793, zurück bis ins Jahr 1921 und wird in vielen Verträgen geregelt. Gelungen ist der ehrgeizige Plan tatsächlich mit der feierlichen Eröffnung des Rhein-Main-Donau Kanals am 25.9.1992. Aber die Jubelstimmung hielt nicht lange an, denn ein 70 Kilometer langer Abschnitt zwischen Nordsee und Schwarzes Meer beschäftigt die Stakeholder der Binnenschifffahrt nun schon 100 Jahre (!).Es geht um den Streckenabschnitt zwischen Straubing und Vilshofen, der zwar auf der Gesamtstrecke nicht der einzige, aber der umstrittenste Flaschenhals ist, weil er nicht die gewünschte Fahrwassertiefe erfüllt und von Naturschützern heiß umkämpft ist. Eine Formation der „Donaufrauen“ betet gemeinsam mit dem Abt von Niederalteich regelmäßig und medienwirksam für den Erhalt der frei fließenden Donau.

Nicht zuletzt deshalb, sind in der langen Geschichte über den Donauausbau zwischen Straubing und Vilshofen, unzählige Planungen, Konzepte und Versuche entstanden, von deren Kosten Universitäten, Experten und Institute Jahrzehnte gut gelebt haben. Allein, deren praktischen Ergebnisse und Erkenntnisse haben noch nicht den vollen Erfolg gebracht. Planungsvarianten sind entstanden, die Aktualisierung von der Aktualisierung wurde mehrfach umgeschrieben, Konzepte entworfen und wieder verworfen. Dabei sollte eigentlich nur eine Verbesserung der Infrastruktur für die Binnenschifffahrt erreicht werden. Was das Donautheater bisher wirklich an Studien- und Planungskosten gekostet hat, weiß niemand genau. Aber allein die Aufträge an externe Partner, also ohne Beamtenschaft, dürfte von einer halben Milliarde Euro nicht mehr weit entfernt sein. Kein Wunder, dass sich sogar Kabarettisten am Thema abgearbeitet haben. Zum Beispiel Gerhard Polt in der Rolle des RMD AG Manager, der im „Scheibenwischer“ bei Dieter Hildebrandt versicherte, man kann das Projekt gar nicht mehr stoppen, weil die Heiligen Drei Könige Schmidt, Strauß und Kreisky auch dafür wären. Hildebrand selber kassierte ob seiner despektierlichen Aussagen über den Donauausbau sogar eine Rüge der Staatskanzlei. Dabei hielten es selbst Politiker für besser, dass „dümmste Projekt seit dem Turmbau zu Babel qualifiziert zu beenden“ (Verkehrsminister Volker Hauff/1982). Dennoch wurde unverdrossen geprüft, untersucht, abgewogen, Beschlüsse gefasst und wieder aufgehoben. 1995 entscheidet sich die Staatsregierung für eine Staustufenlösung – nicht ohne vorher wieder Untersuchungen zu veranlassen. Langsam regte sich der Widerstand in den eigenen Reihen. CSU-Umweltminister Thomas Goppel im Kabinett Stoiber beschwerte sich öffentlich, man habe ihm gesagt, in der Donausache soll er sein Maul halten. Beschlossen wurde dann, dass erst 2000 beschlossen wird, wie gebaut wird. Aber auch 2000 wurde nichts entschieden.

2002 schaltete sich auch der österreichische Prof. Bernd Lötsch in seiner Funktion als Vorsitzender der Ökologiekommission in die Debatte auf Seiten der Ausbaugegner ein. Bei einer Diskussionsrunde in Berlin meinte er, die Kapitäne haben nicht nur ein Problem mit dem Abladepegel, sondern auch mit dem Alkoholpegel. Lötsch bezog sich dabei auf Polizeiberichte, wonach vornehmlich osteuropäisches Personal auf den Schiffen mit unzureichenden Sprach- und Regelkenntnissen, auf der besagten Strecke für die Unfallhäufigkeit verantwortlich ist. Er wollte damit zum Ausdruck bringen, dass der (ungenügende) Ausbauzustand gar nicht das Problem ist. Da hatte er zwar nicht ganz Unrecht. Zumindest gab er die Polizeiberichte richtig wieder. Dennoch fühlten sich auch die deutschen Kapitäne angegriffen und protestierten lautstark.

2008 wird entschieden – dass weitere Ausbauvarianten untersucht werden sollen. Jetzt ist auch Umweltminister Markus Söder nicht mehr von der wirtschaftlichen Relevanz überzeugt Staustufen zu bauen. 2012 sprach CSU-Landesvater Horst Seehofer bei einer Donaubereisung ein Machtwort: „Mit mir wird es an Bayerns letztem Stück frei fließender Donau keine Staustufe geben“. Die Freude bei den Ausbaugegnern dauerte nur kurz. Schon wollten sie Seehofer mit einem nach ihm benannten König-Horst-Donauabschnitt adeln, als sie merkten, dass der alte Fuchs nur von einem Teil der besagten Strecke zwischen Straubing und Vilshofen gesprochen hat.

2017 wird dann ein Masterplan vorgestellt. Dann geht es ganz „rasch“. Im Juli 2020 rollen die Bagger, es beginnt der sanfte Donauausbau zwischen Straubing und Vilshofen – ohne Kraftwerke. Markus Söder, jetzt Ministerpräsident, darf die frohe Botschaft verkünden und die Umweltschützer feiern den „Sieg“ nach 46 Jahren Krieg. Ende gut, alles gut? Mitnichten! Schon im September regte sich neuer Bürgerwiderstand, weil einige Gemeinden an der Donau mit den geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen nicht einverstanden sind. Und leider bekommt die Binnenschifffahrt jetzt auch langsam den Klimawandel zu spüren.

„Die Häufung von signifikanten Niedrigwasserperioden in den letzten Jahren zeigt, dass der Klimawandel auch vor den Wasserstraßen und somit auch der Donau nicht Halt macht. Eine Entschärfung dieser Situation muss mit entsprechenden flussbaulichen Maßnahmen nun schnellstmöglich vorgenommen werden, damit die Unternehmen in der Binnenschifffahrt langfristige Planungssicherheit für ihre Transporte bekommen und die Versorgungssicherheit der Industrie durch die Binnenschifffahrt nicht gefährdet wird. Die Tatsache, dass die Pegelstände an der Donau sich nach dem extremen Niedrigwasser 2018 nun wieder ihrem Rekordtief nähern, verdeutlicht, wie dringend der Handlungsbedarf ist“, so Vizepräsident Friedrich Weigert vom Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB). Was wird die Bayerische Staatsregierung, was wird der Bund jetzt tun? Bekommen die schon aktiven Bagger einen neuen Auftrag? Beginnen neue Planungen im laufenden Ausbau? Fragen über Fragen und der von Söder gelobte „richtige Weg des sanften Donauausbaues“, könnte bald wieder überholt sein. Vielleicht wird sich die Binnenschifffahrt nach Jahrzehnten Warten und Hoffen auch damit abfinden, dass 25 Dezimeter Abladetiefe ein Traum bleiben werden. (PB)

Quelle: Binnenschiff Journal 5/2020

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