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Dunkle Wolken über ukrainischen Häfen

Text: Peter Baumgartner

Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) hielt am 10. Und 11. März eine außerordentliche Tagung ab, um sich mit den Kriegsauswirkungen im Schwarzen Meer und im Asowschen Meer auf die Seeleute der internationalen Schifffahrt zu befassen.

Foto: Gerald Immens, Kapitän & Seelotse. Quelle: Nautischer Verein Kiel

Der Rat verurteilte die „besondere Militäroperation“ der Russischen Föderation auf das Schärfste und forderte u.a. einen sicheren Seekorridor für die festsitzenden Seeschiffe und deren Besatzungen. Unbekannt ist die Zahl der betroffenen Binnenschiffer in den ukrainischen Häfen und auf den Flüssen im Kriegsgebiet. Einmal mehr zeigt sich das Fehlen einer internationalen Organisation, die sich um die Binnenschiffer auf den Flüssen kümmert, denn die einzige Hilfe und Unterstützung der Internationalen Transportarbeiter Föderation (ITF), ist auf deren Mitglieder beschränkt. Durch die Globalisierung der Wirtschaft sind Binnenschiffer wie Seefahrer mit Problemen konfrontiert, die sich voneinander nicht mehr unterscheiden. Der einzige Unterschied ist, dass in der Binnenschifffahrt das Ufer meist näher ist als in der Seefahrt. Das kann im Fall eines Kriegsgebietes, wie man zum Beispiel im Jugoslawien-Krieg an der Donau gesehen hat, auch ein tödlicher Nachteil sein. Aktuell haben wir die Situation, dass Binnenschiffer und Seeschiffer gemeinsam in Fluss/Seehäfen festsitzen. Gemeinsam sind sie großen psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt und auf internationale Hilfe angewiesen.

International Maritime Organisation/London Quelle: IMO

Etwa 100 Schiffe unterschiedlicher Nationen sitzen in ukrainischen Häfen fest. Seit Beginn der Kriegshandlungen ist bereits ein Seemann am Schwarzen Meer gestorben und ein Handelsschiff ist gesunken. Auch mehrere deutsche Frachter sind von der Blockade betroffen. In welcher Situation sich die direkt betroffenen Seeleute befinden, kann man sich leicht ausmalen. Selbst von der IMO noch nicht wahrgenommen wurde das Problem der russischen und ukrainischen Seeleute, die auf der Weltflotte außerhalb des Kriegsgebietes unterwegs sind und zusehen müssen, wie ihre Landsleute unter den Kriegsfolgen leiden. Diese Seeleute sind natürlich auch abgeschnitten von ihren Familien und darauf beschränkt, lediglich elektronisch Kontakt aufzunehmen, wo das noch möglich ist. In der Ukraine sind bereits viele Gebiete völlig von der Außenwelt abgeschnitten. In diesem Zusammenhang muss man wissen, dass der Anteil russischer und ukrainischer Seeleute auf den Schiffen sehr hoch ist. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) berichtet, dass von den 1,9 Mio. Seeleuten weltweit 14,5 Prozent aus den beiden Kriegsländern kommen. Etwa 5000 ukrainische und russische Seeleute arbeiten auf deutschen Schiffen. Auch auf Binnenschiffen unter europäischer Flagge arbeiten sehr viele ukrainische und russische Binnenschiffer. Genaue Zahlen liegen nicht vor. Ein ukrainischer Donau-Kapitän von der Schweizer Reederei Viking River Cruises, daran sei bei dieser Gelegenheit erinnert, befindet sich seit drei (!) Jahren im Gewahrsam der ungarischen Justiz in Budapest und wartet auf sein Gerichtsurteil. Wie es den ukrainischen und russischen Besatzungen geht, macht der Bericht von Kapitän Gerald Immens eindrucksvoll klar, denn Sie hier nachlesen können:

https://binnenschiff-journal.at/impressionen-vom-kiel-canal/

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