Ferienzeit mit CargoCruise

In Zeiten von Corona, Kurzarbeit und Jobverlust, wird die Frage nach dem Jahresurlaubsprogramm nicht unwichtiger, aber vielleicht nachhaltiger.

REDAKTION: PETER BAUMGARTNER.

Viele Menschen werden 2020 und vermutlich auch noch ein paar Jahre danach, die Ferien nicht nach den eigenen Wünschen und Vorstellungen planen können. Wenn es nicht überhaupt bei Balkonien bleiben soll, ist Kreativität gefragt. Schließlich gibt es neben der Ebbe in der Urlaubskasse auch noch ein paar andere Fixpunkte, die berücksichtigt werden müssen. Abstand halten zum Beispiel. Da fallen selbst nahe liegende Erholungsbeispiele rasch unter „geht nicht“.

Zum Beispiel das tägliche Sonnenbad im örtlichen Freibad könnte in Zeiten wie diesen schnell zur Sardinendose a la Adria Strand werden. Kurzurlaub mit Billigflieger fällt sowieso unter „pfui“. Vermutlich werden jetzt auch Karawanen über die Wanderrouten der Berggipfel ziehen und aus dem gerne beworbenen Naturerlebnis eine Art Flüchtlingswanderung machen. Und die Radwege sind mittlerweile ohnehin schon zu Autobahnen für Raser auf zwei Rädern geworden, wo Kinder oder Radtouristen höchstens noch zwischen fünf und acht Uhr morgens eine annehmbare Überlebenschance haben.

Aber kreative Ferien Angebote gibt es leider nicht viele. Das liegt vielleicht auch daran, dass ein Hotel halt ein Hotel ist und steht, wo es eben hingebaut wurde. Besser haben es da schon die Wohnmobil Urlauber – wenn sie nicht am Campingplatz ankern wollen. Also ist es gerade jetzt eine gute Gelegenheit um zu schauen, ob die Binnenschifffahrt außer Flusskreuzfahrt und Seerundfahrt noch etwas zu bieten hat. Und siehe da, sie hat – oder besser gesagt, sie hätte, würde es in der Branche auch ein paar kreative Köpfe mehr geben. Schnell könnte man aus jetzt unnütz herumstehenden Kabinenschiffen luxuriöse Badekabinenschiffe machen, die vor Anker liegend, einige wenige Badeurlauber per Shuttle zum lauschigen Donaustrand bringen.

Auch die sonst mit schwitzenden Touristen vollgepferchten Ausflugschiffe auf den Seen, hätten unter Einsatz von ein wenig Hirnschmalz ein paar gute Angebote mehr anzubieten. Was man jetzt schon alternativ zur Flusskreuzfahrt tun könnte, ist zum Beispiel einen Urlaub auf einem Frachtschiff buchen (Frachtschiffreisen Pfeiffer). „CargoCruise“ sozusagen. Gut, einen Buttler oder Bügelservice wird man da nicht vorfinden. Auch die glitzernde Einkaufsmeile am Abend, wenn das Schiff vor Anker geht, sollte man nicht unbedingt erwarten. Dafür aber viel Natur und das Zwitschern der Vögel beim Sonnenaufgang. Bestimmt wird man auch Orte sehen, wo normale Touristen nicht hinkommen.

Wenn man zum Beispiel in erster Reihe fußfrei das geschäftige Treiben in einem Hafen beobachten kann, nimmt man viele neue Erkenntnisse mit. Mitfahrgelegenheiten auf Frachtschiffen am Fluss, sind zwar beliebt, aber doch eher ein Geheimtipp. Wer jedoch Individualist und flexibel genug ist, hat gute Chancen, ein unvergessliches Ferienerlebnis genießen zu können. Dennoch sollte man sich gut vorher informieren und trotz notwendiger Flexibilität eine solide Planung machen, damit man zum Beispiel am Ende der Reise nicht irgendwo auf der Strecke strandet und nicht weiß, wie man nach Hause kommt.

Alle CargoCruiser befahren Wasserstraßen in Westeuropa. Leider hat sich in Osteuropa noch kein Kapitän gefunden, der als Fracht auch Passagiere mit an Bord nehmen möchte. Vielleicht gelingt es den Forschern der FH St. Pölten mit ihrem Projekt „CargoRider“ eine Plattform zu schaffen, damit Reisen auf dem Frachtschiff professioneller buchbar werden (E-Mail: frank.michelberger@fhstp.ac.at).

Port viewing erweitert den Horizont.
Oft ist es so, dass die Menschen glauben, sie hätten in ihrer nächsten Umgebung schon alles gesehen. Stimmt aber meistens nicht. Manche Städte mit einem Hafen oder mehreren Häfen, haben auch Schiffe, die eine Hafenrundfahrt und sogar Hafenbesichtigung anbieten. Zum Beispiel mit dem Hafenschiff in Linz, das die größten Hafenanlagen in Österreich erkundet. Das Schiff passiert zunächst die „Kulturmeile“ mit den futuristischen Glasgebäuden des Ars Electronica Center, des Lentos Kunstmuseums sowie des berühmten Brucknerhauses, mit denen die Kulturhauptstadt Europas von 2009 ihrem Namen alle Ehre macht. Dann geht es weiter die Donau abwärts und den Fahrgästen öffnet sich plötzlich die Sicht auf eine völlig andere Seite der Stadt: Auf der rechten Donauseite pulsiert der „Herzschlag aus Stahl“ – im Linzer Hafenviertel.

Die Fahrt führt vorbei am Winter-, Handels-, Tank- und voestalpine-Hafen. Linker Hand zeigt sich Linz hingegen von seiner natürlichen Seite, es eröffnet sich der Blick auf weite Grünflächen und Naturschutzgebiete rund um das Stadtgebiet. An der Traunmündung wendet das Schiff schließlich. Den krönenden Abschluss der Rundfahrt bildet die Einfahrt in den Hafen der ÖSWAG-Werft. Den Fahrgästen wird ein exklusiver Einblick in das emsige Treiben einer Schiffswerft direkt vom Wasser aus geboten. Manche Hafenrundfahrt kann man auch mit einem Landgang verbunden werden. So erhält man zum Beispiel einen Einblick, wo Container aus aller Herren Länder auf den Weitertransport warten. Sogar echte Konzertvorstellungen kann man bei einem Hafenbesuch erleben und so einen neuen Kulturgenuss erfahren.

Das Ufer stets im Blick.
Auch eher weniger bekannt sind Flussfähren, weil man damit eher ein Transportmittel und Brückenersatz verbindet. Diese ursprüngliche Form der Flussquerung, ist vielleicht nicht zum Verweilen für mehrere Stunden gedacht. Obwohl, wer sich auf diese Art des Reisens einlässt, wird liebend gerne gleich mehrmals das Ufer wechseln. Und bestimmt ist eine Fahrt mit der Fähre in Verbindung mit einem Badetag in der Au oder einer Wanderung im Weingarten, der Höhepunkt eines Tagesausfluges. Ein Erlebnis der besonderen Art ist zum Beispiel die kurze Überfahrt mit der Fähre am Faaker See zur Insel. Dort kann man wahlweise eine Inselwanderung machen oder einen Badetag fern von jedem Rummel verbringen. Unwillkürlich wird man auf einer Fähre an das Wienerlied von Peter Herz und Hermann Leopoldi (1932) erinnert:

Schön ist so ein Ringelspiel! Das is a Hetz und kost net viel… Damit auch der kleine Mann sich eine Freude leisten kann. Immer wieder fährt man weg und draht sich doch am selben Fleck. Man kann sagen, was man will, schön ist so ein Ringelspiel!

Manche Fähren hängen noch an einem Fährseil, an dem die Fähre lautlos in der Strömung von Ufer zu Ufer gleitet. Andere Fähren, wie am Faaker See zum Beispiel, fahren frei mit einem Elektromotor und können schon mal auch eine Extrarunde drehen. Wer Lust hat, kann sich auch mit der Mythologie der Fähre beschäftigen und mit Schaudern daran denken, wie das jetzt wäre, mit der Überfahrt ins Totenreich. Auch die Beschäftigung mit der einst wirtschaftlichen oder religiösen Bedeutung von Fähren, kann einen Ferientag sicher mehr bereichern, als ein City-Hatscher bei 35 Grad im Schatten. Alle individuellen Angebote rund um die Binnenschifffahrt haben eines gemeinsam, nämlich die Nähe zum Wasser. Wer das Wasser schätzt, wird in der Binnenschifffahrt immer irgendwo den Traumplatz finden, wo alle Sinne angestupst werden und wo es sich lohnt zu verweilen.(PB)

Quelle: Binnenschiff Journal 4/2020

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