Mehr Fracht auf Binnenwasserstraßen…

…mit emissionsfreien, intelligenten Binnenschiffen, die qualifizierten Arbeitskräften attraktive und nachhaltige Arbeitsplätze bieten. Das neue EU-Förderprogramm NAIADES III will das alles umsetzen und spürbare Erfolge bereits 2030 erzielen.

Man ist grundsätzlich geneigt, den Versprechungen zu glauben, allerdings kennt man die schönen Programme inzwischen seit Jahrzehnten. Am Ende haben alle Bemühungen um die Transportverlagerung auf die Wasserstraße einen gemeinsamen Nenner: Der Straßentransport schießt in ganz Europa durch die Decke.

Wie weit Planung und Realität in der Binnenschifffahrt auseinanderklaffen, zeigt das jüngste Beispiel eines ambitionierten Projektes der Reederei Deymann aus Haren an der Ems. Deymann ist in der Branche dafür bekannt, immer wieder Markierungsbojen in der Wasserstraße zu setzen, an denen sich dann andere orientieren können. Diesmal lautete der Plan, wir machen Binnenschifffahrt in Schweden. Nun ist Schweden nicht gerade dafür bekannt, ein Land der Binnenschifffahrt zu sein. Aber auch dort machen sich Leute darüber Gedanken, welche Alternativen zum Straßentransport genutzt werden könnten. Ganz im Sinne der EU-Transportverlagerungspolitik, sollte für den Anfang ein einziges Schiff 200 LKW-Fahrten pro Fahrt ersetzen. Deymann schien der ideale Partner für den Plan zu sein.

Ende Mai 2021 schickte der Reeder sein Containerschiff EMELIE DEYMANN unter dem Kommando von Tony Hartwig (36) nach Schweden. Nach einer problemlosen, 70-stündigen Überfahrt von Emden nach Stockholm, erreichte das Schiff am 28. Mai Norvik, wo man sich sofort mit den Örtlichkeiten vertraut machte und Vorbereitungen für die erste Container-Fahrt traf. Hartwig freute sich, nach 20 Jahren in der Binnenschifffahrt, wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert zu sein. Der Aufgabe, vom Hafen Stockholm Norvik bis zum Hafen von Västerås eine Wasserstraße zur Verfügung zu stellen, die allen Anforderungen entspricht, kam die schwedische Regierung in Rekordzeit nach. Immerhin musste ein Weg durch das Insel Archipel gesichert und der Mälarsee, der drittgrößte See in Schweden und damit doppelt so groß wie der Bodensee, überquert werden, um den Zielhafen Västerås zu erreichen. Fünfzehn Stunden dauert die Fahrzeit auf der Strecke, die zuerst noch unter ortskundiger Lotsenbegleitung gefahren wurde. Zwei Abfahrten pro Woche waren vorgesehen. Alles verlief nach Plan. Am 2. Juni erreichten die ersten Container ihren Zielhafen. Allerdings war gleich die erste Reise ein Verlustgeschäft. Statt der möglichen 208 Container, waren nur etwa 20 Container an Bord. Aber immerhin. Erstmals gelang es in Rekordzeit in einem völlig neuen Fahrgebiet unter schwierigen Umständen (Pandemie) einen ganz attraktiven Beitrag zur Transportverlagerung von der Straße auf das Schiff zu leisten. Das Schiff und die Mannschaft erfüllte genau die von der EU angestrebten Ziele nach NAIADES III und war bereit für die Zukunft. Man demonstrierte eindrucksvoll – wo ein Wille, da ein Wasserweg.

Aus dieser rosigen Zukunft wird vorerst aber nichts. Bereits nach drei Wochen entschloss sich Deymann das Verlustprojekt zu stoppen. Einmal mehr zeigte sich, dass Unternehmerlust und Innovationsbereitschaft nicht ausreichen, um die eingefrorene Logistik, die auf den Straßentransport fokussiert ist, aufzubrechen. EMELIE DEYMANN ist bereits wieder zurück in heimischen Gewässern am Rhein und transportiert Schrott statt Container in Schweden.

Ob die EU-Verkehrspolitik aus diesem Beispiel lernt, dass schöne Programme auf Hochglanzpapier einen gut durchdachten Lenkungseffekt nicht ersetzen können? Wir wissen es spätestens bei der Verkündigung von NAIADES IV.

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