Öffentlicher-Personen-Notfall-Verkehr (ÖPNV)

Der Öffentliche Personennahverkehr ist vielfach eine beliebte Spielwiese der Parteien. Nicht immer wird die Zielsetzung, ein nachhaltiges Mobilitätsangebot, erreicht.

Text: Peter Baumgartner

Das Projekt »Mobilitätskonzept Wirtschafts- und Bildungsknoten im Zentralraum Kärnten« des Lakeside Science & Technology Parks bzw. des Educational Lab im Lakeside Park Klagenfurt, zielt auf die Entwicklung von innovativen, nachhaltigen Mobilitäts- und Umsetzungskonzepten im Zentralraum Kärnten ab, um zu einer Verringerung des motorisierten Individualverkehrs und zur Reduktion von CO2-Emissionen beizutragen, informiert das „Bildungslabor“. Basierend auf den Konzepten und Ergebnissen des Energiemasterplans Kärnten 2025 und des Mobilitätsmasterplans Kärnten 2035, sowie unter Einbeziehung aktueller Forschungsthemen werden die Expertisen von Mobilitätsexperten und regionalen Stakeholdern mit den Ideen der jungen Generation verbunden, wird berichtet.

Fährmann Walter KUMER im freiwilligen ÖPNV-Not-Einsatz mit seiner „Valentinsfähre“ auf der Drau. Für seine Fährgäste ist er ein Weihnachtsgeschenk.

Zu den Zielsetzungen zählt zum Beispiel die Entwicklung und Umsetzung eines innovativen Mobilitätskonzepts, das sowohl Pilot- als auch Demonstrationscharakter hat, ein verbessertes Angebot für nachhaltige Mobilitätslösungen unterstützt und zu einer Stärkung klimaschonender Maßnahmen im Land führt. Ein gut gemeinter Zugang zur allgegenwärtigen Verkehrsproblematik im ÖPNV. Allein, gut gemeint ist noch nicht gut gemacht. Dem Kärntner Innovationszentrum fehlt noch die Gesamtschau auf das Verkehrsproblem. Eine Problemstellung wie der Verkehr, wird nicht gelöst, wenn man den gegenwärtigen Umgang damit immer wieder dreht und wendet, von allen Seiten beobachtet – und nichts grundlegend ändert. Bei allen Verkehrskonzepten fehlen schlicht neue Zutaten. Damit kommt immer wieder der gleiche Einheitsbrei, allenfalls in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, heraus.

Die schwangere Martina POVODEN und ihr Mann sind zuversichtlich. Die „Valentinsfähre“ und der Fährmann werden immer da sein, wenn sie schnell zur Entbindung in das Krankenhaus muss.

Eine neue Zutat, ein neues Gewürz, könnte zum Beispiel die Hereinnahme der Wasserstraße und der nassen Infrastruktur sein. Österreich und insbesondere Kärnten, wird zwar als besonders wasserreich gesehen, aber profitieren tun davon höchstens die Bauern für die Bewässerung der Felder und ein paar Wochen lang die Touristen. Wir sind stolz auf unsere Flüsse und Seen (Land am Strome…), vergessen aber deren ursprüngliche, über Jahrhunderte bewährte Funktion als Transport und Verkehrsweg. Selbst die Donau, Sinnbild für die heimliche Bundeshymne, die uns stets in den Jahreswechsel gleiten lässt, führt ein stiefmütterliches Schattendasein in der Verkehrspolitik. Geradezu sträflich fällt diese Missachtung in der Bewältigung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) auf.

Geduldig warten die Fährgäste an der Anlegestelle auf die Überfahrt. Mit der Fährglocke im Hintergrund haben sie ihren Mobilitätsbedarf verkündet. Ganz so, wie seit Jahrhunderten auf der Wasserstraße üblich.

Mitte Dezember, ausgerechnet kurz vor Weihnachten, wo jeder auf maximale Mobilität angewiesen ist, ereignete sich im Kärntner Drautal ein massiver Felssturz. Die Gesteinsmassen zerstörten und verschütteten großflächig die einzige Straßenverbindung zu kleinen, abgelegenen Ortschaften. Plötzlich, von einer Minute auf die andere, waren die Bewohner von der Außenwelt abgeschnitten. Einige Tage konnten die Ortschaften nur zu Fuß erreicht werden und für den PKW-Verkehr sind die Orte bis heute nicht erreichbar. Allein die nahe gelegene Drau und die dort ansässige „Valentinsfähre“, die übrigens eine uralte Geschichte hat, sind für die Menschen ein „Ausweg“. Plötzlich ist die Wasserstraße die immer da war, aber seit jüngerer Vergangenheit hauptsächlich der Energiegewinnung diente, eine zentrale Verkehrsverbindung für Mensch und Tier. Die Fähre GLAINACH ist motorisiert. Früher für sie wie üblich als sogenannte Rollfähre an einem hoch über der Drau gespannten Seil von einem Ufer zum anderen. Heute hat kaum noch jemand Zeit für diese gemächliche Art der Fortbewegung und der Fluss ist ohnehin eher ein See ohne Strömung. So erschallt auch an der Drau der alte Fährruf „Hol‘ über“ nur noch zu besonderen Anlässen. Aber jetzt, in der Not, könnten die Menschen auch auf Schnelligkeit verzichten. Schulkinder fühlen sich plötzlich als Abenteurer, wenn sie frühmorgens durch den Wald zur Fähre stapfen.

Für die Schulkinder ist der Weg zur Schule und wieder nach Hause bereits eine beliebte Abwechslung.

Eine schwangere Frau erzählt wie froh sie ist, für den Fall des Falles mit der Fähre rechnen zu können. Vor dem alternativ angebotenen Hubschrauber hat sie Angst. Selbst der Dorfwirt nimmt das Naturdesaster gelassen. Auch er ist mit dem Fährangebot sehr zufrieden. Sollte ein Arzt oder ein Rettungsdienst – die gibt es vor Ort auch nicht mehr, zu den Ortsbewohnern müssen, ist das auch kein großes Problem, denn die Fährfrauen/Fährmänner sind immer erreichbar. Sie machen ihren Job freiwillig, quasi als Nachbarschaftshilfe. Dafür werden sie von der Politik ignoriert und höchstens noch drangsaliert. „Wir wissen gar nicht mehr, wie wir die stets steigenden Abgaben finanzieren sollen“, sagt ein Fährmann. Mitglieder und Spenden halten den Verein „über Wasser“. Das oben erwähnte Mobilitätskonzept und Forschungsprojekt ist abgeschlossen und hat 695.000 Euro gekostet. Ein paar Euro davon für den „nassen“ Verkehrspartner hätten schon nützlich sein können. Vielleicht hat der Notfall ein wenig zum Umdenken beigetragen. Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) hat durch die Naturkatastrophe jedenfalls eine neue Bedeutung bekommen: Öffentlicher-Personen-Notfall-Verkehr.

Bilder: Peter Baumgartner

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