Vordenker der Demokratie und Wegbereiter

Als einer der letzten „Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitäne“ glaubte ich mich auf mein Forstgut in der Steiermark zurückziehen zu können, um dort meinen wohlverdienten Ruhestand zu genießen.

LESERBRIEF: HERMANN TESCHL.

Als einer der letzten Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitäne möchte ich mich zu Wort melden und Bezug auf die im ORF am 12.05.2020 ausgestrahlte Sendung „Erbe Österreich -1.DDSG“ nehmen. Da ich meine berufliche Laufbahn bei eben dieser Gesellschaft begann und dann sowohl im Schiffsdienst, als auch in der Verwaltung tätig war, habe ich gewisse Vorgänge über den Niedergang dieses wertvollen Erbes unserer Schiffervorfahren ja direkt miterlebt.

Man muss einmal wissen, dass es sich bei der 1. DDSG im Nachkriegsösterreich um einen Staatsbetrieb handelte, welcher immer im politischen Einfluss der jeweils machthabenden Parteien handelte. So war die 1. DDSG vorwiegend der roten (österr.-) Reichshälfte zuzuordnen, obwohl die schwarze (österr.-) Reichshälfte nicht untätig war, zumal im Verwaltungspalast – zuerst Hintere Zollamts Straße und später am Handelskai, auch ein, den „Schwarzen“ zuzurechnender Generaldirektor, ein beachtliches Salär bezog.

Ein Dienstwagen mit bereitgestelltem Chauffeur, zusätzlich zum üppigen Salär war jedoch nur dem Roten General vorbehalten. Auch war die Verwaltung des Schifffahrtbetriebes, mit in den 1980er Jahren einmal ca. 300 Schiffsleuten, zahlreichen Direktoren, Zentralinspektoren, Inspektoren und dazugehörigen Sekretär/innen recht gut bestückt. Natürlich durfte ein freigestellter Zentralbetriebsrat mit eigenem Büro und geländegängigem Dienstwagen nicht fehlen.

Also, man hatte es sich zuletzt am Handelskai in Wien recht gut eingerichtet und es wäre vielleicht noch immer so, wäre da nicht ein Finanzminister gewesen, der sagte: „Ich bin nicht mehr bereit in ein Fass ohne Boden weiter hineinzubuttern“ (Herbert Salcher, Finanzminister von 1981 bis 1984). Da dann wichtige politische Entscheidungen notwendig wurden, möchte ich etwas weiter ausholen und komme auf den Vordenker der Demokratie und Wegbereiter der Französischen Revolution, Jean-Jaques Rousseau (1712 -1778), zu sprechen. Man wusste damals nur vage wie eine Demokratie funktionieren sollte, jedoch wusste man ganz genau, was Demokratie auf keinen Fall sein sollte.

Es müsse die Möglichkeit bestehen, gewählte Volksvertreter jederzeit wieder ihres Amtes zu entheben, wenn diese sich nicht mehr dem Willen der Wähler verpflichtet fühlen. Hätte sich diese Vorgabe bis in die Demokratien der Jetztzeit herübergerettet, wäre es sicherlich schwer möglich gewesen, dass der damalige Betriebsrat der 1. DDSG der Zerschlagung des Betriebes nicht nur zugestimmt, sondern Auftragserfüller eines politisch bestellten Managements wurde.

Umso befremdlicher ist es, dass in der oben angeführten Sendung im ORF ausgerechnet einem Mann aus diesem Betriebsratsumfeld Gelegenheit geboten wurde, den Niedergang der 1. DDSG schönzureden, obwohl bereits 1994 im ORF von einem DDSG -Debakel und Desaster berichtet wurde (ORF 29.12.1994). Wenn in oben angeführter Sendung noch im Jahre 2020 von einem Fortschreiben der Geschichte der DDSG geredet wird, so wird dies sicherlich nicht in der Kreuzfahrtschifffahrt sein. Dieser Bereich aus dem Erbe der ehemals K.u.K. priv. Ersten Donaudampfschiffahrts – Gesellschaft, wurde ersatzlos den privatwirtschaftlich geführten Reedereien im In- und Ausland überlassen. Diese warten nun mit den modernsten Schiffen in den Häfen an den europäischen Wasserstraßen auf das “ Leinen los“ in der Post-Corona Zeit.

Allzeit Gute Fahrt! Hermann Teschl.

Quelle: Binnenschiff Journal 3/2020

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